Stadt Neu Isenburg

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Besuch aus Israel in der Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim

Studierende lernen mehr über die Pionierin der Sozialen Arbeit

Die Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim ist ein Ort der Begegnung. Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Welt kommen in das ehemalige Heim des Jüdischen Frauenbundes, oftmals aufgrund familiärer Beziehungen zu ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern.

Am 4. Mai 2023 besuchten Studierende der Goethe-Universität Frankfurt/Fachbereich Erziehungswissenschaften und der Hebrew Universitiy Jerusalem/the Haruv Institute die Seminar- und Gedenkstätte. Die rund 30 anwesenden Gäste aus Amerika, Deutschland und Israel wurden durch den Bürgermeister Dirk Gene Hagelstein begrüßt, wobei er die Wichtigkeit dieses Ortes für die Stadtgeschichte hervorhob. „Wir müssen an unsere Geschichte erinnern, dort, wo sie passiert ist. Die Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim ist für unsere Stadtgeschichte ein wichtiger Veranstaltungs- und Erinnerungsort geworden. Noch heute melden sich Zeitzeugen oder auch die Nachfahren von Zeitzeugen, die uns helfen diese Geschichte aufzuarbeiten.“

Die herzliche Begrüßung wurde von den Studierenden ebenso herzlich erwidert. Unter den Gästen waren unter anderem Asher Ben-Arieh (Hebrew Universitiy) und die Professorin Sabine Andresen (Goethe-Universität), die gemeinsam den jährlichen Austausch organisieren.

Bevor die Studierenden in einem Vortrag von Anna Held, die als Frauen und Gleichstellungsbeauftragte auch die Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim leitet, mehr über das Leben und Wirken von Bertha Pappenheim erfuhren, die eine Pionierin der Sozialen Arbeit war, bot sich ihnen jedoch noch eine besondere Gelegenheit. Denn unter den Anwesenden war auch eine Frau, die eine enge Geschichte mit dem ehemaligen Heim des Jüdischen Frauenbundes verbindet: Hamutal Ben-Arieh, eine Nachfahrin eines ehemaligen Zöglings des Heims. Sie war bereits 2017 das erste Mal zu Besuch in Neu-Isenburg.

Die Geschichte von Rudolf-Ruben Stern

Hamutal Ben-Ariehs Vater Rudolf, später Ruben Stern, lebte von 1937-1938 im Heim des Jüdischen Frauenbundes, seine Schwester Paula schon ab 1933, ebenso wie zeitweise die Mutter der beiden Hedwig Stern. Er wurde am 20. Juni 1935 in Wiesbaden geboren und im Alter von zwei Jahren von seiner Mutter Hedwig in die Obhut des Heims des Jüdischen Frauenbunds in Neu-Isenburg gegeben, wo seine Schwester Paula bereits seit zwei Jahren betreut wurde. Nach dem Pogrom am 10. November 1938 brachte Hedwig Stern ihre beiden Kinder in ein Kinderheim nach Straßburg und floh selbst in die Niederlande. Sie wurde am 14. September 1943 vom Durchgangslager Westerbork aus in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Die letzte Nachricht über sie stammt aus dem Außenlager Malchow des Konzentrationslagers Ravensbrück, wo sie noch einen Tag vor der Befreiung, am 1. Mai 1945, ermordet wurde. Beide Kinder lebten nach der Flucht in verschiedenen Kinderheimen und wurden nach der Besetzung Frankreichs durch die Deutsche Wehrmacht versteckt gehalten. Rudolf überlebte die Shoa in Frankreich und emigrierte 1947 als 12-Jähriger mit dem Schiff nach Palästina. Erst dort erfuhr er, dass er eine Schwester hatte. Bis zu seinem Tod im Jahr 2018 lebte er mit seiner Frau in Nähe von Haifa. Paula konnte nach einer Odyssee innerhalb Frankreichs mit Hilfe einer zionistischen Organisation am 14. November 1944 nach Palästina fliehen. Sie war 11 Jahre alt und wusste nichts über ihre Herkunft. Erst 1961 konnte sie ihre Identität über eine Suchanzeige in der Zeitung „Aufbau“ erhellen. Heute lebt sie in Israel in der Nähe von Haifa und feierte am 6. Mai 2023 ihren 90.ten Geburtstag.

Von Hamutal Ben-Ariehs Erzählungen waren alle Anwesenden an diesem Nachmittag besondere beeindruckt und gerührt. Insbesondere die Fotos ihres Vaters, ihrer Tante und Großmutter unterstrichen die Erzählungen der Familiengeschichte.

Das Projekt der Universitäten

Der Besuch der Studiengruppen aus Israel und Deutschland fand im Rahmen des „Internationalen Austauschseminar mit der Hebrew University of Jerusalem“ statt. Das Seminar steht unter dem Thema „Child Maltreatment and Social Services“ und wird von Prof. Dr. Sabine Andresen in Kooperation mit Prof. Dr. Asher Ben-Arieh organisiert. Jährlich bietet das deutsch-israelische Seminar den Studierenden die Möglichkeit, eine Woche in Jerusalem bzw. in Frankfurt zu verbringen und so einen Wissensaustausch ermöglicht. Dieser findet durch wissenschaftliche Vorträge, aber auch durch Besuche verschiedener Einrichtungen, z. B. Kinder- und Jugendhilfe vor Ort. Denn der Schwerpunkt des Seminars sind Ursachen und Folgen von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, ihre Situation in schwierigen Lebenslagen (bspw. Fluchterfahrungen) und einer gesellschaftlichen Antwort darauf.

Besuch aus Israel

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