Stadt Neu Isenburg

Stadt Neu-Isenburg

Gedenken an die Bücherverbrennung am 24. Juni 1933 auf dem Wilhelmsplatz

Gedenkveranstaltung

Die Barbarei der Nationalsozialisten hatte eine klare Hierarchie, zuerst die Bücher, dann die Menschen. Der Auftakt am 10. Mai 1933 in Berlin und 20 Universitätsstädten war eine brutale Abrechnung mit der Freiheit des Wortes. Es war eine zentrale Etappe auf dem Weg zur nationalsozialistischen Diktatur.

Nach akribisch aufgearbeiteten Listen sollten 131 als „undeutsch“ geächteten jüdischen, liberalen, kommunistischen und anderen gesellschaftskritischen Autoren den Flammen und dem Vergessen übergeben werden; u. a. Bücher von Heinrich Heine, Erich Kästner, Stefan Zweig, Alfred Kerr, Berthold Brecht bis hin zu Lion Feuchtwanger. Im Juni 1933 folgten weitere Bücherverbrennungen im Rahmen von „Sonnenwendfeiern“ und ähnlichen zeremoniellen NS-Feuerritualen, organisiert von örtlichen NS-Akteuren mit Unterstützung der „Hitlerjugend“ (HJ) und des „Deutschen Jungvolks“ (DJ). Insgesamt fanden so zwischen Mai und Juni 1933 in über 90 deutschen Städten Bücherverbrennungen statt.

Feuerwehrhaus

In Neu-Isenburg fand dieser Angriff auf die Informations- und Meinungsfreiheit am 24. Juni 1933 auf dem Wilhelmsplatz/Am Feuerwehrhaus statt, nach einem Fackelzug durch die Straßen Neu-Isenburgs.

Die Broschüre „Neu-Isenburg 1933 -1945 – Eine zeitgeschichtliche Stadtrundfahrt“ vermittelt einen plastischen Eindruck des Geschehens vor Ort. „Es waren nicht die Anderen, sondern Mitbürgerinnen und Mitbürger. Über 8.000 Neu-Isenburger waren dabei, als die freie Meinung brannte. Wir haben hier am Wilhelmsplatz einen Gedenkort geschaffen, um dauerhaft daran zu erinnern,  Unsere Informations- und Meinungsfreiheit, kulturelle Vielfalt und geistige Freiheit sind hohe Güter, die wir schützen müssen. 90 Jahre später mahnt uns dieses Ereignis immer noch, dass wir mit aller Kraft für die Freiheit des Denkens und der Kultur in einer toleranten und weltoffenen Gesellschaft eintreten müssen“, sagt Bürgermeister Dirk Gene Hagelstein.  

Gedenktafel

 Gedenkveranstaltung „Worte in Flammen“

Die Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim und die Stadtbibliothek Neu-Isenburg laden daher zur Konzertlesung „Worte in Flammen“ mit Sprecher und Sänger/Songwriter Sven Görtz ein. Die Veranstaltung erinnert an verfolgte Autor*innen und macht gleichzeitig deutlich, dass ein Verbot der (künstlerischen) Freiheit nicht der Vergangenheit angehört. Mit der Lesung von Texten und mit eigenen Liedern begibt sich Görtz auf die Spuren von Künstler*innen, deren Worte verbrannt wurden, um sie zum Verstummen zu bringen. Görtz liest moderne Klassiker wie Franz Kafka, Kurt Tucholsky, Else-Lasker-Schüler und stellt mit der ukrainischen Lyrikerin Lina Kostenko eine zeitgenössische Autorin vor. Er singt eigene Lieder, in denen er aktuelle Aspekte von Verfolgung, Ausgrenzung, aber auch von Widerstand und Hoffnung thematisiert.

Begrüßt werden die Gäste von der Stadtverordnetenvorsteherin Christine Wagner und dem Bürgermeister Dirk Gene Hagelstein.Die Veranstaltung findet am Samstag, 24. Juni 2023, von 11:00-12:30 Uhr, im Haus der Vereine (Offenbacher Straße 35, Neu-Isenburg), statt. Der Veranstaltungsraum befindet sich im 1. OG und ist über einen Aufzug zu erreichen. Die Teilnahme ist kostenlos und eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Sven Görtz
 

Sven Goertz

Geboren 1967 im Westerwald, studierte er Philosophie und Literatur in Gießen. Seit seinem 15. Lebensjahr singt er und schreibt Lieder, zunächst auf Englisch, danach auf Deutsch. Das Gitarren- und Mundharmonikaspiel hat er sich selbst beigebracht. Darüber hinaus spricht er auch literarische und philosophische Hörbücher, unter anderen Werke von Zweig, Nietzsche, Kafka, Seneca und Paulo Coelho. Weitere Informationen unter www.svengoertz.de (Öffnet in einem neuen Tab).

Kontakt Stadtbibliothek
Frankfurter Straße 124, Neu-Isenburg
E-Mail: stadtbibliothekstadt-neu-isenburgde
Tel.: 06102 747400

Kontakt Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim:

Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim

Zeppelinstraße 10, Neu-Isenburg

E-Mail: bertha.pappenheim.hausstadt-neu-isenburgde

Tel.:06102 241-754/-755

Die Broschüre „Neu-Isenburg 1933-1945 – Eine zeitgeschichtliche Stadtrundfahrt“ (2. Auflage) ist kostenlos erhältlich beim Herausgeber, dem Verein für Geschichte, Heimatpflege und Kultur Neu-Isenburg e.V. Verantwortlich für den Inhalt sind das Autorenteam Dr. Hannes Ziller, Margit Emde, der mittlerweile verstorbene Hermann Bremser sowie Dr. Heidi Fogel, als ausgewiesene Historikerin und Buchautorin.   Das Buchprojekt wurde gefördert von der Partnerschaft für Demokratie.

zeitgeschichtliche Stadtrundfahrt

Aus: „Neu-Isenburg 1933-1945 – Eine zeitgeschichtliche Stadtrundfahrt“

Wilhelmsplatz, Altes Feuerwehrhaus

Quelle:

Bericht der „Braunen Front“, Mitteilungsblatt der NSDAP-Ortsgruppe Neu-Isenburg vom 01.07.1933 über eine Sonnenwendfeier auf dem Wilhelmsplatz

Wohl selten sah Neu-Isenburg solche Menschenmassen auf den Beinen als am Samstag, den 24. Juni 1933 ... Schon mittags beim Fest der Jugend war eine außerordentliche Beteiligung festzustellen. Nach dem Festzug herrschte im Wald hinter der neuen Welt ein lustiges Treiben froher Kinderscharen. Für das leibliche Wohl hatte die NS-Frauenschaft hervorragende Vorbereitungen getroffen. Abends sammelten sich gegen 9:00 Uhr die Formationen der NSDAP, Stahlhelm, FAD (Freiwilliger Arbeitsdienst, später Reichsarbeitsdienst), sowie alle auf nationaler Grundlage stehenden Vereine zum Fackelzug durch die Straßen der Stadt, die von großen Menschenmengen umsäumt waren. Kurz nach 9:00 Uhr setzte sich unter Mitführung von Kapellen und mehreren Spielmannszügen der Fackelzug mit schätzungsweise 3.500 Personen in Bewegung. Nach einem imposanten Marsch durch mehrere Straßen rückten dann die einzelnen Verbände geschlossen auf dem Platz hinter dem Feuerwehrhaus auf. Man greift nicht zu hoch, wenn man die Teilnehmer hier auf ca. 8.000 beziffert. Nach einem Musikstück ergriff Pg. Stumpp das Wort. Ausgehend von dem tiefen Sinn der Sonnenwende betonte er u.a.: „In allen Zeiten unseres Volkes, in Zeiten politischer Ohnmacht, wirtschaftlicher Depressionen und kulturellen Niedergangs blieb doch die Seele und die Erinnerung an die große Vergangenheit unserer kulturellen Güter und Gebräuche rein erhalten. Kultur ist nun einmal nicht etwas Starres, sondern der Lebenspulsschlag eines Volkes.

Ein lebensstarkes und der Stärke seines Blutes bewusstes Volk wird sich im Laufe seiner Geschichte immer die Kultur, den Seelenspiegel seiner Art und Sitte erhalten und auf heranwachsende Generationen überliefern, der seiner Art entspricht. So hat auch unser deutsches Volk sich nach jahrelangen Irrungen wieder auf seine überragende Stellung in den kulturellen Belangen Europas, ja der ganzen Welt besonnen und endlich wieder zurückgefunden zu den Quellen seiner eigenen Kraft. Und so ist deshalb auch ganz verständlich, dass wir Nationalsozialisten, die wir in jahrelangem Kampfe gegen Marxismus und Kulturbolschewismus gestanden haben, das Erbe deutscher Geschichte und der Förderung volkstümlicher Gepflogenheiten in unsere Hände übernommen haben...

Dann züngelten die Flammen gen Himmel und verzehrten den Unrat marxistischer, bolschewistischer „Literatur".

Nach einem Gesangsvortrag der „Kümmler" und einem Tanzrei-gen der Turnerinnen des Turnvereins am brennenden Holzstoß, dem Gesang des Deutschlands- und Horst-Wessel-Lieds sowie einem Heil auf Volk und Volkskanzler fand die Feier ihr würdiges Ende ..." (Dok. S. 86 f.).

Bericht des Neu-Isenburger Anzeigeblattes von 25.06.1935

Die vom Standort Neu-Isenburg der Hitler-Jugend am Sonntagabend auf dem Wilhelmsplatz veranstaltete Feier war vom besten Wetter begünstigt und hinterließ einen nachhaltigen Eindruck.

Germanische Vergangenheit wird zu neuem Leben erweckt, Versäumtes oder Totgeschwiegenes wird wieder wach. Und so lodern seit zwei Jahren, wenn die Sonne ihren höchsten Stand im Kreislauf des Jahres erreicht hat, überall in deutschen Landen auch wieder die nie ganz vergessenen Sonnenwendfeuer (Dok. S. 111).

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